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Die Occupy-Bewegung in Deutschland - Problem oder Debattierclub?

Ausgehend vom “arabischen Frühling” sind zunächst in Spanien, dann in den USA, Israel und seit dem 15. Oktober weltweit Menschen auf die Straße gegangen und haben Plätze besetzt um ihren Forderungen Luft zu machen. In einigen arabischen Ländern konnten diese Menschen Regierungen stürzen. Ihr Antrieb war der Wunsch nach Demokratie, Gleichheit, der Kampf gegen Repression und Korruption.

In den USA haben es die Menschen satt, dass sie als unprivilegierte, Arme, Nichtkrankenversicherte darunter leiden müssen, dass die Reichen sich immer weiter bereichern und die Reformen im Rahmen der Krisen den “99%”, als die die Besetzer_innen sich begreifen, immer mehr Lasten aufbürden. Aus meiner Sicht betrachtet, finden die Occupys in den USA einen gewissen Zuspruch und werden für den Staat und die Exekutive langsam zu einem Problem. In Oakland sind die Proteste letzte Woche eskaliert, als die Polizei einem Demonstranten mit einem Tränengaskanister einen Schädelbruch geschossen hat.

Auch in Deutschland gibt es seit dem 15. Oktober regelmäßig Occupy-Demos in Berlin Hamburg und Frankfurt am Main. In Berlin gelang es schon mehrmals bei den Demonstrationen auf die Wiese vor dem Reichstag zu gelangen, in Frankfurt und Hamburg gibt es Protestcamps.

Das Camp vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ist “genehmigt” und darauf ist man stolz. Es gibt eine Internetpräsenz, Podcasts aus dem Camp und sogar ein Intranet für die Orgamenschen selbst. In den arabischen Ländern rückte das Militär an, um die Camps zu räumen, es starben viele Menschen. Das Internet wurde abgeschaltet um die Proteste einzudämmen.

Ist das nicht aber irgendwie ein Zeichen dafür, dass der Aufstand der “99%” für die Handelnden in Politik und Wirtschaft kein Problem darstellt? Es stehen dort über 100 Zelte, es besteht ein beachtenswerte Infrastruktur und jeden Samstag demonstrieren fünf bis achttausend Menschen durch Frankfurt. Getan hat sich jedoch nichts. Weder hat die Politik auf die Bewegung Bezug genommen, noch hat sie versucht, die Proteste zu verhindern.

Die Forderungen der Menschen im Camp sind so unterschiedlich, wie die Menschen, die sich dort jeden Tag einfinden. Und das ist auch gut so. Muss nicht aber langsam mal ein Diskussionsprozess starten, wo das alles hinführen soll? Sind die Forderung, wie die nach einer Finanztransaktionssteuer, die Forderung, dem Finanzkapitalismus Fesseln anzulegen, nicht viel zu Kurz gedacht? Können wir die Banken dafür verantwortlich machen, dass sie die Möglichkeiten, die ihnen dieses System bietet nutzen? Ein System, das darauf ausgerichtet ist, dass die einen Menschen mehr haben, was zwangsläufig dazu führt, dass andere Menschen weniger haben. Ist nicht viel mehr das System das Problem?

Das recherchejournal zum aufstand veröffentlichte einen Brief aus Kairo, gerichtet an die Besetzungen in den USA.

Die Menschen in Oakland rufen für nächste Woche zu einem Generalstreik auf. Freilich fehlt der Bewegung in Deutschland noch die Macht, die Anerkennung um solche Forderungen und Aufrufe zu stellen. Sollte der Weg aber nicht in diese Richtung gehen?

Es bleibt abzuwarten, was in den USA nächste Woche geschieht. Und noch spannender wird die Entwicklung hier in Deutschland.

Wird die Occupy-Bewegung endlich zu einem Problem oder verkommt sie zu einem Debattierclub der die schöne Erfahrung einer neuen Art des Zusammenlebens macht aber von den “Mächtigen” ignoriert wird?